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Pit Picking - Die Alternative zur Metzger-OP
Die Diagnose Steißbeinfistel löst bei vielen Betroffenen zunächst Sorge aus – verständlich, denn oft wird sofort eine große Operation mit langer Heilungsdauer empfohlen. Doch es geht auch anders. Mit der Pit-Picking-Technik steht heute eine minimal-invasive Alternative zur Verfügung, die das Problem an der (Haar-)Wurzel packt – präzise, gewebeschonend und ambulant.
Die Methode geht auf den englischen Chirurgen Peter Lord zurück, der sie bereits 1965 entwickelte. Sein Ansatz war revolutionär: Nicht das gesamte Fistelgewebe sollte entfernt werden, sondern nur die kleinen Eintrittsöffnungen der Haare – die sogenannten Pits – und die darin eingeschlossenen Fremdkörper Haare. Das umliegende Gewebe, so seine Beobachtung, ist nicht krank, sondern nur gereizt – und kann aus eigener Kraft heilen, sobald der Entzündungsreiz beseitigt ist. Diese Idee markierte einen echten Paradigmenwechsel: weg von der großflächigen Ausschneidung, hin zur gezielten Ursachenbehandlung.
Der amerikanische Chirurg Thomas Bascom griff das Konzept Jahrzehnte später auf, verfeinerte es technisch und machte es unter dem Namen Follicle Removal international bekannt. Seit 2004 stand Dr. Hofer in fachlichem Austausch mit Thomas Bascom und weiteren Pionieren der Methode wie Prof. Iesalnieks (damals Marienhospital Gelsenkirchen, heute Klinikum Kalk in Köln). Diese enge Zusammenarbeit ermöglichte die Einführung und Weiterentwicklung der Technik in Deutschland – und legte den Grundstein für die moderne Form des Pit Pickings, wie sie heute in unserer Praxis angewendet wird.
Im Folgenden erläutern wir die Evolution der Methode in den letzten 20 Jahren, welche Varianten wir einsetzen und warum sie bei richtiger Indikation oft die beste Option ist – schonend und doch erstaunlich effektiv. Zu viel Theorie? Hier finden Sie die kompakte Übersicht zum Behandlungsablauf bei der Pit Picking Operation.
Pit-Picking, Sinusektomie, FiLaC, SiLaC, EPSIT und Bascom OP
Pit Picking nach Lord und Bascom - Was ist das?
Als Pit bezeichnete Lord die kleinen Öffnungen in der Mittellinie der Pofalte. Sie sind Ausgangspunkt und Erkennungsmerkmal des Sinus pilonidalis. Im Mittel findet man 3 – 5 dieser Öffnungen, manchmal auch wesentlich mehr, die zwischen kaum sichtbar und bis etwa 5 mm Durchmesser reichen. Sie müssen alle entfernt werden, sonst wird die Fistel nicht heilen. Schon ein winziger, nur mit der Lupe sichtbarer Pit kann die Ursache einer ausbleibenden Heilung oder eines Rückfalls sein, wenn er bei der Operation übersehen wird.
Die Entfernung der Pits nennt man Pit Picking. Lord empfahl eine eliptische , Bascom eine reiskorngroße, rautenförmige Ausschneidung. Wir
All sinuses heal unless something keeps them open.
Peter H. Lord
Historie: Die "einfache" Methode: Pit Picking – A Simple Treatment
1965 stellte der britische Chirurg Peter Lord im British Journal of Surgery eine bahnbrechende Methode zur Behandlung der Steißbeinfistel vor: das sogenannte Pit Picking. Lord erkannte, dass eingewachsene Haare eine zentrale Rolle bei dieser Erkrankung spielen. Durch das gezielte Entfernen der betroffenen Haarwurzeln bot er eine minimalinvasive Alternative zu den damals üblichen, umfangreichen Operationen. Für die Reinigung des Fistelkanals empfahl er den Einsatz einer Rundbürste. Zudem betonte Lord die Bedeutung der Haarentfernung in der Nachsorge und empfahl Verfahren wie Elektro-Epilation oder Rasur, da Laser zur Haarentfernung zu jener Zeit noch nicht verfügbar waren.
Pit Picking = Follicle removal
Zunächst fand die bahnbrechende „Lord-Millar-Prozedur“ erstaunlicherweise nur wenig Beachtung. Erst John Bascom M.D. (USA) sorgte seit 1983 für die weltweite Verbreitung der fortschrittlichen Technik, die er „follicle removal“ nannte. Mit großem Engagement unterstützte er weltweit Chirurgen beim Erlernen dieser Technik.
Mit der Erfahrung aus mittlerweile über 8600 Operationen hat Dr. Hofer die Technik ständig weiterentwickelt. Expertise und technologischer Fortschritt (Lupenbrille, 4MHz-Radiofrequenz-Chirurgie, Laser-Chirurgie und die besten Instrumente aus verschiedenen Fachrichtungen) erlauben es, fast jede Steißbeinfistel minimal-invasiv zu behandeln. Das Pit Picking Prinzip läßt sich auch beim Rezidiv (Rückfall) nach herkömmlicher Operation anwenden.
"Klassisches" Pit Picking nach Bascom: Operatives Vorgehen
- Bauchlagerung
- Lokalanästhesie
- Entfernen sämtlicher Pits mit Biopsiestanzen („Trophine“) oder Laserablation
- Seitlicher „Entlastungsschnitt“
- Sondieren des Fistelgangs
- Extrahieren von Haarbüscheln mit feinem Klemmchen
- Ausschaben von Granulationsgewebe mit Kürette
- Die Fistelkapsel wird belassen
- Eine Hautnaht ist nicht nötig
Fazit Pit Picking "klassisch"
- bei geringer Vernarbung der Steißbeinfistel
- bei nicht voroperierten Steißbeinfisteln
- oft gute Alternative bei jungen Patienten < 14 Jahre
Pro
- kleinstmöglicher Eingriff
- ambulant durchführbar
- kurze Behandlungsdauer 10 – 30 min
- kurze Heilungsdauer 2 – 3 Wochen
- Heilungsrate bis 70%
- wiederholt durchführbar, Alternativen bleiben möglich
Contra
- bei stark vernarbten Fisteln weniger erfolgversprechend
- Säuberung des Fistelgangs manchmal unvollständig
- Rezidivrate bis 30 %
- verhärteter Fistelgang oft spürbar trotz Abheilung der Öffnungen
Laser Operation (SiLaC - Sinus Laser Ablation of the Cyst)
In ausgewählten Fällen war ein erneutes Pit-picking bei Rezidiv erfolgreich. Dennoch konnte die Erfolgsrate der Pit-picking Operation von maximal 70 % nicht restlos überzeugen. Im Jahr 2011 stellten Wilhelm und 2013 Giamundo die FiLaC Lasertechnik zur Behandlung von Analfisteln vor.
Der Gedanke lag nahe, die Lasersonde auch für die Steißbeinfistel zu verwenden. Und in der Tat ließ sich damit die Erfolgsrate auf über 80 % steigern.
Die Laserbehandlung ist als Zusatzmaßnahme zum Pit Picking zu sehen. Entfernung der Pits und Säuberung des Fistelgangs erfolgen identisch. Danach wird die Lasersonde mehrere Male unter Energieabgabe durch den Fistelkanal gezogen, sodass die Innenschicht der Fistelkapsel ausgebrannt wird und die Kapsel schrumpft.
Fazit FiLaC / SiLaC
- bei langen Fistelgängen
- bei zahlreichen Fistelöffnungen
- bei Präferenz des Patienten auf schnellstmöglicher Rekonvaleszenz („downtime“)
- zur Symptomlinderung bei schwierig zu heilenden Mehrfachrezidiven und Akne inversa
Pro
- Alle Vorteile des Pit-picking
- Verbesserte Heilungsrate bis 80 %
- Schnelle Rückbildung von Blutungen und Sekretabsonderung
Contra
- vermehrte Schwellung in den ersten Tagen nach OP
- Selbstzahlerleistung
- Fistelgang oft spürbar trotz Abheilung der Öffnungen
Sinusektomie - tubuläre Fistelentfernung
Die Sinusektomie, auch tubuläre Fistulektomie genannt, verbindet auf eine sehr effektive Art und Weise das Ausbürsten des Fistelgangs und die Ausschneidung des erkrankten Gewebes.
Die Vorteile
- Vollständige Entfernung der Fistel ohne große Wunde.
- Hohe Heilungsrate von über 90 %.
- Kurze Erholungszeit, keine körperliche Schonung notwendig.
Die Nachteile
- Weniger verbreitet, wenige erfahrene Ärzte.
- Etwas längere OP-Dauer und mögliche Wundabsonderungen.
Die Sinusektomie ist aufgrund der überzeugenden Vorteile die Standardmethode in unserer Praxis. Wir arbeiten mit einer höchst ausgereiften Lupenbrille, der Tumeszenz-Anästhesie und einem Laser 470 nm. Damit gewährleisten wir höchste Präzision und Schmerzfreiheit.
Was ist an Pit Picking und FiLaC zu verbessern?
Ziel ist es, die vollständige Entfernung der eingeschlossenen Haare zu garantieren.
Seit langem weiß man, dass sich im Hohlraum einer Steißbeinfistel nicht immer Haare finden.
Bei dieser auch als “empty nest” – leeres (Haar-)Nest bezeichneten Konstellation zeigt die mikroskopische Untersuchung oft in die Wand der Fistelkapsel integrierte Haare – eine mögliche Ursache für das Rezidiv nach Pit Picking.
Darüber hinaus führt die mechanische Irritation durch die knorpelartig verhärtete Fistelkapsel zu Beschwerden. Mit der Entfernung der Fistelkapsel wird Sitzen auf harter Unterlage wieder bequem.
Sinusektomie– Evolution der Operationstechnik
Gibt es einen Mittelweg zwischen “Ausbürsten” des Gangs beim pit-picking und der vollständigen Ausschneidung?
Der erste Gedanke war ein Hautschnitt im Fistelverlauf mit abschließender Hautnaht. Bei seitlichen oder schräg verlaufenden Fisteln gelingt dies sehr gut. Verläuft die Fistel genau in der Mitte, hat man damit wieder das Problem der Naht an ungünstiger Stelle.
Mit zunehmender Erfahrung wurde der notwendige Schnitt immer kürzer. Die tubuläre Fistulektomie (schlauchförmige Fistelausschneidung), auch Sinusektomie genannt, löst die obengenannten Probleme.
Lupenbrille, Tumeszenz-Anästhesie und der Laser 470 nm bieten höchst Präzision und Schmerzfreiheit. Die Sinusektomie ist deshalb die Standardmethode in meiner Praxis.
Pro
- Vollständige Fistelentfernung ohne große Wunde
- Heilungsrate bis über 90 %
- Beseitigung oder zumindest Verminderung schmerzhafter Verhärtungen
- Auch beim Rezidiv anwendbar
- Ambulante Operation möglich
- Kurze Arbeitsunfähigkeit
- Keine körperliche Schonung notwendig
- Kostenübernahme durch alle Krankenkassen
Contra
- Nur wenige Ärzte in Europa haben ausreichende Erfahrung
- Längere OP Dauer 30 – 120 min
- Innere Wundhöhle entspricht dem Volumen der entfernten Fistel
- Anfänglich Absonderung von Wundflüssigkeit
- Anfänglich Schmerz bei Belastung
* SPA = Spinalanästhesie, Rückenmarksnarkose, ITN = Intubationsnarkose, Vollnarkose, LA = Lokalanästhesie, örtliche Betäubung.
Tabelle: Übersicht über die gebräuchlichsten OP Techniken bei Steißbeinfistel (in Arbeit/under construction)
Unsere Empfehlungs-Ampel
In keinem Fall soll die folgende Darstellung als Anleitung für eine unkritische Selbstbehandlung dienen. Die Empfehlungen folgen nach bestem Wissen eigener Erfahrung und ausgewählten Publikationen. Eine systematische Analyse verfügbarer Studien stellen sie nicht da. Fragen Sie in jedem Fall vor der Anwendung einen in der Wundbehandlung erfahrenen Facharzt.
Noch Fragen?
Sie möchten sich genauer informieren, wie eine Behandlung bei uns ablaufen könnte? Häufige Fragen haben wir gleich hier in den FAQ beantwortet und auch unser Chat kann oft weiterhelfen (Klicken Sie auf das Symbol mit den zwei Sprechblasen rechts unten!)
Ansonsten haben wir eine neue Seite aufgebaut, die den gesamten Behandlungsablauf genau schildert.