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Übersicht Verbandsmaterialien
Weniger ist mehr: Nach einer Steißbeinfistel-Operation sind viele Patienten unsicher, wie sie die offene Wunde richtig versorgen sollen. Die gute Nachricht: Für die Wundpflege sind in den meisten Fällen einfache Verbände mit sterilen Kompressen und Fixierpflastern völlig ausreichend. Tamponaden und teure Spezialmaterialien wie Alginat- oder Silberverbände sind in den meisten Fällen überflüssig. Erfahren Sie alles über die verschiedenen Verbandsmaterialien, die für eine effektive Wundheilung empfehlenswert sind.
Abdecken der Wunde
Praktisch und saugfähig: ES-Kompressen
Wenn es um unkomplizierte Wundpflege geht, sind ES-Kompressen (Esterilised Compresses) immer eine gute Wahl. Diese Mullkompressen aus 100 % Baumwolle sind saugstark, weich und vielseitig einsetzbar. Sie nehmen Wundsekrete zuverlässig auf und eignen sich für die ersten Tage nach der OP ebenso wie für die Abdeckung der Wunde im weiteren Verlauf. Standardgrößen wie 10 x 10 cm oder 7,5 x 7,5 cm werden z.B. von Anbietern wie Hartmann und Lohmann & Rauscher angeboten.
Nach einer Pit-Picking-Operation sind ES-Kompressen praktisch und wahrscheinlich das einzige Verbandsmaterial, das Sie brauchen werden Die kleinen Wunden haben kaum Kontaktfläche zum Verband und neigen daher nicht zum Verkleben. In den ersten zwei Wochen kann es jedoch sinnvoll sein, auf Saugkompressen zurückzugreifen, wenn die Sekretmenge die Aufnahmekapazität der Mullkompressen überschreitet. Einfach, bewährt und vielseitig – ein echter Standard in der Wundversorgung!
Kein Verkleben: Vlies-Kompressen und beschichtete ES-Kompressen
Vliesstoff-Kompressen und beschichtete ES-Kompressen sind speziell für größere Wundflächen, wie sie nach einer Radikaloperation der Steißbeinfistel (der sogenannten „Metzger-Methode“) entstehen, besonders geeignet. Vliesstoff-Kompressen bestehen aus weichen, nicht gewebten Materialien, die weniger dazu neigen, mit der Wunde zu verkleben. Beschichtete ES-Kompressen – oft mit einer Silikonbeschichtung versehen – bieten durch ihre glatte Oberfläche zusätzlichen Schutz vor Verklebungen.
Der Vorteil dieser Materialien liegt auf der Hand: Beim Verbandswechsel werden Schmerzen deutlich reduziert, da die Kompressen sich leichter entfernen lassen, ohne das neu gebildete Gewebe zu beschädigen. Dies unterstützt nicht nur die Wundheilung, sondern sorgt auch für eine angenehmere Nachsorge, gerade bei großflächigen und empfindlichen Wunden bei offener Wundbehandlung.
Saugkompressen und Slipeinlagen
Medizinische Saugkompressen sind speziell darauf ausgelegt, größere Mengen Wundsekret aufzunehmen und die Wunde trocken zu halten. Sie bieten eine hohe Saugfähigkeit und sind besonders nützlich in der ersten Heilungsphase nach Operationen wie der Steißbeinfistel-OP.
Falls keine Hilfsperson verfügbar ist, kann es jedoch eine einfache und praktische Alternative sein, handelsübliche Slipeinlagen oder Binden mit Klebefixierung zu verwenden. Diese lassen sich leicht in der Unterwäsche befestigen, bleiben sicher an Ort und Stelle und können ohne großen Aufwand gewechselt werden. Diese Lösung ist nicht nur alltagstauglich, sondern auch kostengünstig und unkompliziert.
Fixieren des Verbands
Fixierpflaster spielen eine zentrale Rolle in der Wundversorgung, da sie dafür sorgen, dass Verbände sicher an Ort und Stelle bleiben. Diese Pflaster sind in verschiedenen Ausführungen erhältlich und bieten je nach Bedarf unterschiedliche Eigenschaften. Produkte wie Fixomull® stretch von BSN Medical und Mefix® von Mölnlycke sind besonders beliebt, da sie sich durch ihre hohe Klebekraft und Flexibilität auszeichnen. Diese Fixierpflaster passen sich gut den Körperkonturen an und gewährleisten eine sichere Fixierung auch an schwierigen Stellen wie dem Gesäß.
Besonders im Bereich des stark behaarten Gesäßes kann der Verbandswechsel eine Herausforderung darstellen. Um Schmerzen und Hautreizungen zu minimieren, sollten sanfte Techniken angewendet werden. Hier sind einige Vorschläge für einen schonenden Verbandswechsel:
- Haarentfernung: Um die Haftung der Fixierpflaster zu verbessern und Schmerzen beim Entfernen zu reduzieren, kann eine sanfte Haarentfernung in der Umgebung der Wunde in Erwägung gezogen werden. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, die Haut nicht zusätzlich zu reizen.
- Hautschutz: Verwenden Sie Hautschutzprodukte wie Cavilon® von 3M, die einen dünnen, schützenden Film auf der Haut bilden. Dieser Film erleichtert das Ablösen der Pflaster und schützt die Haut vor mechanischer Belastung.
- Sanftes Ablösen: Fixierpflaster sollten langsam und parallel zur Haut abgelöst werden. Ziehen Sie das Pflaster nicht ruckartig ab, sondern lösen Sie es behutsam, um Schmerzen und Hautirritationen zu vermeiden.
- Spezielle Produkte: Verwenden Sie Fixierpflaster mit weniger aggressivem Kleber, wie Hypafix® von BSN Medical, die sich leichter entfernen lassen und somit weniger Hautreizungen verursachen.
Spezielle Verbandsmaterialien zur Wundversorgung
Alginate
Alginate sind innovative Wundauflagen, die aus braunen Meeresalgen gewonnen werden und durch ihre hohe Absorptionsfähigkeit bestechen. Diese Materialien sind besonders nützlich bei stark exsudierenden Wunden, da sie Flüssigkeit schnell aufnehmen und in ein gelartiges Material umwandeln, welches das Wundbett feucht hält und die Heilung fördert. Alginate sind außerdem biologisch abbaubar und passen sich flexibel an die Wundkonturen an, was sie zu einer idealen Wahl für unregelmäßig geformte Wunden macht.
Hersteller wie **Smith & Nephew** und **3M** bieten eine Vielzahl an Alginat-Produkten an, die sich durch ihre hohe Qualität und Wirksamkeit auszeichnen. Produkte wie **Kaltostat®** und **Tegaderm® Alginate** sind in der professionellen Wundversorgung weit verbreitet und geschätzt.
Allerdings sollte beachtet werden, dass der Einsatz von Alginat-Wundauflagen bei Patienten ohne Komorbiditäten und mit unkomplizierten Wunden oft weder notwendig noch kosteneffektiv ist. Diese Materialien sind deutlich teurer als Standardwundauflagen und bieten bei einfachen Wunden ohne erhebliche Exsudation keine zusätzlichen Vorteile. Bei gesunden Patienten mit einem guten Heilungsprozess kann der Einsatz von einfacheren, kostengünstigeren Wundauflagen vollkommen ausreichend sein. So lassen sich unnötige Kosten vermeiden, ohne die Qualität der Wundversorgung zu beeinträchtigen.
Die Entscheidung für den Einsatz von Alginaten sollte daher sorgfältig abgewogen und auf die spezifischen Bedürfnisse und Bedingungen des Patienten abgestimmt werden.
Schaumstoffe
Schaumstoffverbände sind vielseitige Wundauflagen, die speziell für mittelstark bis stark nässende Wunden entwickelt wurden. Sie bestehen aus einem weichen, porösen Material, das Wundsekret effizient aufnimmt und speichert, ohne die Umgebungshaut zu reizen. Einige Schaumstoffe enthalten zusätzlich antimikrobielle Substanzen wie Silber, die das Infektionsrisiko reduzieren.
Dank ihrer hohen Saugfähigkeit und Polsterwirkung eignen sie sich besonders für chronische Wunden wie venöse Ulzera, Druckgeschwüre (Dekubitus), diabetische Fußulzera sowie für postoperative Wunden mit stärkerer Sekretion. Ihre Flexibilität macht sie ideal für unebene Wundflächen oder Stellen mit Bewegungsbelastung. Durch den Schutz vor äußeren Einflüssen und die Aufrechterhaltung einer feuchten Wundheilungsumgebung tragen Schaumstoffverbände zu einer schnelleren Heilung und höherem Komfort für den Patienten bei. Sie sind jedoch weniger geeignet für trockene oder nur leicht exsudierende Wunden.
Hydrokolloide
Hydrokolloidverbände sind moderne Wundauflagen, die eine feuchte Heilungsumgebung schaffen und damit die natürliche Wundheilung fördern. Sie bestehen aus einer selbstklebenden Schicht, die hydrophile Partikel wie Gelatine oder Pektin enthält. Diese nehmen Wundsekret auf und bilden ein gelartiges Polster, das die Wunde schützt und die Heilung unterstützt.
Hydrokolloide sind besonders geeignet für oberflächliche, nicht infizierte Wunden, wie Abschürfungen, Blasen oder postoperative Wunden mit mäßiger Sekretion. Sie werden auch bei Druckgeschwüren (Dekubitus) oder chronischen Wunden wie venösen Ulzera eingesetzt, da sie den Schmerz reduzieren und einen selteneren Verbandswechsel ermöglichen. Ihr Vorteil liegt in der Kombination aus Schutz, Komfort und Förderung der Wundheilung – ideal für Wunden, die Ruhe brauchen, um sich zu regenerieren. Allerdings sollten sie nicht bei stark nässenden oder infizierten Wunden verwendet werden.
Saugverbände - Vakuum Verbände - VAC
Vakuum-Verbände nutzen negative Drucktherapie, um die Wundheilung zu fördern – besonders bei chronischen und schwer heilenden Wunden. Der kontrollierte Unterdruck entfernt überschüssige Wundflüssigkeit, komprimiert das Gewebe und verbessert die Durchblutung. Das beschleunigt die Heilung und senkt das Infektionsrisiko.
Produkte wie das V.A.C.® Therapy System (KCI/Acelity) oder das PICO-System (Smith & Nephew) sind Beispiele der Vakuumtherapie. Während ersteres bei größeren Wunden effektiv ist, eignet sich das PICO-System ideal für kleinere Wunden und den ambulanten Einsatz.
In der Gesäßfalte kann die Anwendung jedoch herausfordernd sein. Anatomie, Feuchtigkeit und Reibung erschweren eine haltbare Abdichtung, was den Unterdruck und damit Effektivität und Praktikabilität der Vakuum-Therapie beeinträchtigen kann. Für junge, gesunde Patienten mit guter Heilungstendenz sind Vakuum-Verbände deshalb meist wenig hilfreich. Ältere oder multimorbide Patienten mit intrinsischen Störfaktoren der Wundheilung können hingegen profitieren: Bei ihnen kann die Therapie die Heilungszeit verkürzen.
Silber
Silberhaltige Wundauflagen werden in der modernen Wundversorgung eingesetzt, um bakterielle Infektionen zu reduzieren und die Heilung bei chronischen und infizierten Wunden zu fördern. Silber wirkt durch die Freisetzung von Silberionen, die antibakterielle Eigenschaften haben und gegen eine Vielzahl von Keimen, einschließlich multiresistenter Erreger, wirksam sind. Studien, wie die von Vermeulen et al. (2010) veröffentlichte Meta-Analyse in The Cochrane Database of Systematic Reviews, zeigen jedoch, dass der Nutzen von Silber in der Wundbehandlung überwiegend bei infizierten oder stark gefährdeten Wunden liegt. Für nicht-infizierte Wunden, wie sie typischerweise nach einer Steißbeinfistel-Operation auftreten, bietet Silber keinen signifikanten Vorteil.
In Europa sind verschiedene silberhaltige Produkte erhältlich, darunter Aquacel Ag+ (ConvaTec), Acticoat (Smith & Nephew) und Askina Calgitrol Ag (B Braun). In Deutschland übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten solcher Verbände, wenn sie medizinisch begründet sind, beispielsweise bei chronischen Ulzera oder infizierten Wunden. Eine Verordnung ist jedoch an die Indikation gebunden, und der Einsatz sollte durch den behandelnden Arzt entschieden werden.
Nach einer Sinus-pilonidalis-Operation halten wir die Anwendung von silberhaltigen Wundauflagen in der Regel für unnötig. Diese Wunden heilen bei jungen, gesunden Patienten meist ohne Infektionen ab.
Kolloidales Silber besteht aus winzigen Silberpartikeln, die in einer Flüssigkeit suspendiert sind, und wird oft als alternatives Heilmittel mit antibakteriellen Eigenschaften beworben. In der wissenschaftlich fundierten Medizin wird es nicht als anerkannte Therapiemodalität betrachtet. Zudem kann der unsachgemäße Einsatz gesundheitliche Risiken bergen, wie die seltene, aber irreversible Silberablagerung in der Haut (Argyrie).
Naturheilkunde: Manuka Honig
Honig wird seit Jahrtausenden zur Wundbehandlung eingesetzt, und moderne Studien bestätigen seine vielfältigen Wirkungen: Er fördert die Wundreinigung, verbessert durch seinen sauren pH-Wert die Sauerstoffabgabe im Gewebe, reduziert Entzündungen und unterstützt die Gewebsregeneration. Zudem wirkt Honig antibakteriell, auch gegen Problemkeime wie MRSA und Pseudomonas. Besonders effektiv ist Manuka-Honig, dessen antimikrobielle Wirkung auf Methylglyoxal (MGO) basiert, das besser gewebsverträglich ist als Wasserstoffperoxid in anderen Honigsorten. Für medizinische Anwendungen wird ein UMF®-Wert (Unique Manuka Factor) von über 10 empfohlen.
Medizinischer Honig wird speziell verarbeitet (filtriert und gammasterilisiert), um Bakterien und Sporen zu eliminieren, ohne die Wirksamkeit zu verlieren. Erhältlich ist er z. B. als MediHoney® (Tuben), in Verbindung mit Alginat (Algivon Plus®) oder als imprägnierte Gaze (Actilite®). Die besten Ergebnisse zeigt Honig in der frühen Wundreinigungsphase. Eine Cochrane-Analyse fand, dass infizierte postoperative Wunden mit Manuka-Honig schneller heilen als mit Antiseptika und Gaze. Dies macht Honig besonders bei Wundheilungsstörungen nach konventionellen Radikaloperationen interessant.
Allerdings gibt es Einschränkungen: Die S3-Leitlinie der DGfW (2014) sprach keine generelle Empfehlung aus, da zwar keine eindeutigen Vorteile, jedoch häufiger Schmerzen berichtet wurden. Honig bleibt daher eine Option, deren Einsatz individuell abgewogen werden sollte.
Verband selbst wechseln?
Muß man zum Arzt oder Pflegedienst für den Verbandswechsel?
Nach einer Steißbeinfistel-Operation können die meisten Verbandswechsel problemlos von Angehörigen übernommen werden, ohne dass spezielles Wissen eines Pflegedienstes oder Wundtherapeuten erforderlich ist. Entscheidend ist, dass die regelmäßige Haarkontrolle durch Rasur und / oder Epilation gewährleistet ist und der Heilungsverlauf sorgfältig beobachtet wird. Moderne Lösungen wie unsere Arzt-direkt™-App erleichtern diesen Prozess erheblich: Über die App können Sie den Heilungsverlauf dokumentieren, Fotos der Wunde sicher teilen und bei Bedarf direkt Rücksprache mit Ihrem Operateur halten. So bleibt die Nachsorge auch ohne professionelle Hilfe strukturiert, effektiv und leicht umsetzbar.