Was ist "Cold Atmospheric Plasma" (CAP)?

Cold Atmospheric Plasma (CAP) bezeichnet ionisierte Gase, die bei niedrigen Temperaturen unter atmosphärischem Druck erzeugt werden. CAP besteht aus einer Mischung von Elektronen, Ionen, reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies, die antimikrobielle und regenerative Eigenschaften besitzen. Die Technologie wurde ursprünglich in den 1990er Jahren zur Oberflächensterilisation entwickelt, hat jedoch in den letzten Jahren zunehmende Bedeutung in der Medizin gewonnen, insbesondere in der Wundheilung.

CAP wird zur Förderung der Heilung chronischer Problemwunden wie diabetischen Fußulzera, Ulcera cruris (venöse oder arterielle Geschwüre) sowie Wunden im Anus- und Steißbeinbereich eingesetzt. Studien zeigen, dass CAP die Keimlast reduziert, die Entzündungsprozesse moduliert und die Zellproliferation fördert, was besonders bei schwer heilenden Wunden von Vorteil ist. CAP bietet somit eine vielversprechende, nicht-invasive Behandlungsmethode zur Beschleunigung der Heilung solcher Wunden.

Wie wird Kaltplasma in der Wundbehandlung angewendet?

In der Medizin gibt es zwei bewährte Techniken, um Kaltplasma für die Behandlung von Wunden einzusetzen. Besonders bei der Versorgung von Steißbeinfisteln (Sinus pilonidalis) spielen sie eine zunehmend wichtige Rolle. Dabei handelt es sich um das sogenannte Plasma-Jet-Verfahren und das DBD-Verfahren (Dielectric Barrier Discharge). Beide Methoden haben sich vor allem bei chronischen oder schlecht heilenden Wunden bewährt. Sie kommen auch dann zum Einsatz, wenn andere Behandlungen keinen Erfolg zeigen oder wenn eine Operation nicht infrage kommt.

Plasma-Jet-Verfahren (Glasröhre): Bei dieser Methode entsteht ein Plasmastrom in einer Glasröhre, meist mit Argon oder Helium als Trägergas. Der Strom tritt an der Spitze der Röhre aus und wird über der Wunde als feiner “Plasmapinsel” angewendet. Auch wenn die Röhre ein paar Zentimeter von der Haut entfernt bleibt, wirkt das Plasma gezielt. Das ist besonders hilfreich bei schwer zugänglichen oder empfindlichen Wunden. Studien zeigen, dass das Plasma-Jet-Verfahren die Zellteilung anregt, das Wachstum neuer Blutgefäße fördert und entzündliche Prozesse abschwächt. Dadurch heilt die Wunde schneller und sicherer.

DBD-Verfahren (Spacer): Bei dieser Technik bildet sich das Plasma direkt zwischen einer Elektrode und der Haut. Die Haut selbst dient dabei als zweite Elektrode. Zwischen beiden entsteht eine dünne, gasgefüllte Plasmaschicht. Diese Methode eignet sich besonders gut für größere Wundflächen, da das Plasma flächig wirkt. Es kann unter anderem die Durchblutung fördern, die Bildung von gesundem Gewebe anregen und Bakterien in der Wunde wirksam reduzieren.

Beide Verfahren haben einen weiteren großen Vorteil: Sie arbeiten bei Raumtemperatur. Dadurch schonen sie das umliegende Gewebe und verursachen keine thermischen Schäden. Außerdem reduzieren sie die Keimbelastung in der Wunde und helfen, Infektionen vorzubeugen. Gleichzeitig unterstützen sie die natürlichen Heilungsprozesse des Körpers.

In der Praxis kommen diese Kaltplasma-Technologien bereits in vielen spezialisierten Wundzentren zum Einsatz. Geräte wie der Plasmaderm® sind medizinisch zugelassen und eignen sich für verschiedenste Wundarten. Dazu gehören chronische Wunden ebenso wie infizierte OP-Wunden oder schlecht heilende Hautdefekte. Auch bei Patienten mit einem Sinus pilonidalis können sie eine sinnvolle und schonende Ergänzung zur klassischen Therapie darstellen.

Plasmaderm Gerät zur Wundbehandlung bei Sinus Pilonidalis

Kaltplasma in der Wundbehandlung bei Sinus pilondalis

Kaltplasma Elektronenstrahl Gerät zur Tiefensterilisation bei Steißbeinfistel
Kaltplasma - Elektronenstrahl mit Neon-Glasröhre

1. Konservative Behandlung bei Kontraindikationen für eine Operation

In Situationen, in denen eine chirurgische Intervention kontraindiziert ist oder vom Patienten abgelehnt wird, kann CAP als nicht-invasive Alternative dienen. Durch seine antimikrobielle Wirkung reduziert es die bakterielle Last in der betroffenen Region, was zu einer Abnahme der Entzündungsaktivität führt. Zudem kann CAP die Proliferation von Fibroblasten und die Angiogenese fördern, wodurch die Wundheilung unterstützt wird. Diese Effekte können dazu beitragen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

2. Unterstützung der Entzündungsrückbildung nach Abszess-Eröffnung

Nach der chirurgischen Drainage eines Abszesses im Bereich des Sinus pilonidalis kann die Anwendung von CAP die Heilung fördern. Die antimikrobielle Wirkung von CAP hilft, die Wunde zu desinfizieren und das Risiko einer erneuten Infektion zu minimieren. Gleichzeitig kann CAP die lokale Durchblutung verbessern und die Zellproliferation anregen, was den Heilungsprozess beschleunigt.

3. Prä- und postoperative Keimreduktion zur Vermeidung von chirurgischen Wundinfektionen (SSIs)

Die Region der Rima ani ist aufgrund ihrer anatomischen Lage besonders anfällig für postoperative Wundinfektionen. Die präoperative Anwendung von CAP kann die mikrobielle Belastung der Haut reduzieren und somit das Risiko einer Infektion während des Eingriffs verringern. Postoperativ kann CAP dazu beitragen, die Wunde sauber zu halten und die Heilung zu fördern, wodurch die Wahrscheinlichkeit von SSIs weiter gesenkt wird.

4. Behandlung von Wundheilungsstörungen nach Pit Picking und Karydakis Operation

Nach Eingriffen wie dem Pit Picking oder der Karydakis-Operation können in einigen Fällen Wundheilungsstörungen auftreten. CAP kann in solchen Situationen als ergänzende Therapie eingesetzt werden, um die Heilung zu unterstützen. Durch seine Fähigkeit, die Zellregeneration zu fördern und Entzündungen zu reduzieren, kann CAP dazu beitragen, die Wundheilung zu beschleunigen und Komplikationen zu minimieren.

5. Stimulation der Wundheilung nach Radikalexzision mit offener Wundbehandlung

Bei der offenen Wundbehandlung nach einer Radikalexzision des Sinus pilonidalis kann die Heilungsdauer erheblich sein. Die Anwendung von CAP in dieser Phase kann den Heilungsprozess beschleunigen, indem sie die Bildung von Granulationsgewebe fördert und die Wundkontraktion unterstützt. Darüber hinaus kann CAP dazu beitragen, das Risiko von Infektionen zu reduzieren, was besonders wichtig ist, da offene Wunden anfälliger für bakterielle Kontaminationen sind.

Kaltplasma Literatur

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