Pit Picking, Sinusektomie, Laser OP (SiLaC)
Wie Sie Ihre Steißbeinfistel loswerden
Die Steißbeinfistel ist eine harmlose Erkrankung. Viele Probleme entstehen erst durch übertrieben ausgedehnte Operationen und Versäumnisse bei der Nachbehandlung. Wir kennen alle gängigen OP – Techniken und können Sie umfassend über Vor- und Nachteile beraten.
Auf dieser Seite erfahren Sie alles über die von uns bevorzugten Techniken auf der Basis der Bascom I – (Pit Picking) und Bascom II – (Cleft Lift) Operation. Diese Methoden sind bei uns zum Standard geworden, weil sie geringe Invasivität mit exzellenten Langzeitergebnissen verbinden und darüber hinaus ambulant durchführbar sind.
Neu und einfach: Pit Picking – A Simple Treatment
Peter Lord, England 1965
Warum beginnt dieses Kapitel mit einer Veröffentlichung des Chirurgen Peter Lord 1965 im British Journal of Surgery über eine neue, “einfache Behandlung” der Steißbeinfistel?
Er begründete eine neue Ära der Steißbeinfistel-Chirurgie, weil er als erster die Bedeutung der Pits und der Ablagerung von Haaren im Fistelgang erkannte.
Die Ausschneidung der Pits nannte er „Pit Picking“, für die Reinigung des Fistelkanals empfahl er eine Rundbürste.
Darüber hinaus betonte Lord die Bedeutung der Haarentfernung in der Nachbehandlung. Er empfahl die Elektro-Epilation oder Rasur, Laser zur Haarentfernung gab es damals noch nicht.
Dr. John Bascom, USA 1983
Zunächst fand diese „Lord-Millar-Prozedur“ nur wenig Beachtung. Erst John Bascom (Oregon, U.S.A.) sorgte für die weltweite Verbreitung dieser fortschrittlichen Technik, die er „follicle removal“ nannte. Mit großem Engagement unterstützte er weltweit Chirurgen beim Erlernen dieser Technik.
Ich wende die Pit Picking Technik seit 2004 erfolgreich an. Mit der Erfahrung aus über 4400 Operationen habe ich die Technik kontinuierlich verbessert. Expertise und technologischer Fortschritt (Lupenbrille, 4MHz-Radiofrequenz-Chirurgie, Laser-Chirurgie und feine Instrumente aus plastischer Chirurgie, HNO und Kieferchirurgie) erlauben es heute, fast jede Steißbeinfistel minimal-invasiv zu behandeln. Von diesem Therapieprinzip profitieren Sie auch beim Rezidiv, wenn es nach einer (herkömmlichen) Operation zu einem Rückfall gekommen ist.
Ihre Vorteile durch dieses Behandlungskonzept:
- Untersuchung, Beratung und Operation – alles an einem Tag
- Behandlung in örtlicher Betäubung, keine Vollnarkose
- Behandlung in der Praxis, kein Krankenhaus-Aufenthalt
- Wesentlich kleinere Wunden
- Schnelle Arbeits- und Sportfähigkeit
- Erhalt der normalen Körperkontur, unauffällige Narben
Pit Picking "klassisch": LORD - BASCOM - OP
Nach der Original-Beschreibung von Lord und Bascom werden bei diesem Eingriff die Pits ausgeschnitten als Hautzylinder von der Größe eines Reiskorns. Wir verwenden dafür Biopsiestanzen von 2 – 4 mm. Die eingeschlossenen Haare werden mit einem feinen Klemmchen herausgezogen, der Fistelgang ausgeschabt unter Belassen der Fistelkapsel. Manche Operateure setzen zusätzlich seitlich einen 1 – 2 cm langen Längsschnitt für den Sekretabfluß, die Entlastungsinzision. Die Entfernung des Fremdkörpers beseitigt den Entzündungsreiz und die Fistel kann heilen. Wunden und Fistelgang verschließen sich ohne Naht durch Narbengewebe.
Fazit Pit Picking "klassisch"
- bei bei wenig vernarbten und nicht voroperierten Steißbeinfisteln
- insbesodere bei Jugendlichen < 14 Jahre
Pro
- kleinstmöglicher Eingriff
- ambulant durchführbar
- kurze Behandlungsdauer 10 – 30 min
- kurze Heilungsdauer 2 – 3 Wochen
- Heilungsrate bis 70%
- wiederholt durchführbar
- alle anderen Techniken bleiben möglich
Contra
- bei stark vernarbten Fisteln nicht durchführbar
- Säuberung von Haaren manchmal unvollständig
- verhärteter Fistelstrang kann bleiben
- Rezidivrate bis 30 %
- Fistelgang oft spürbar trotz Abheilung der Öffnungen
Mit der OP Technik habe ich im Jahr 2004 nach John Bascom’s Anleitungen bei einfachen Steißbeinfisteln begonnen. Die Erfahrungen waren so positiv, dass schon bald mehr und mehr Patienten nach der Pit Picking Technik fragten.
Zu dieser Zeit war ich noch wie viele andere Chirurgen der Meinung, dass bei einem Rezidiv nach Pit Picking eine größere Operation unvermeidlich sei. Meine Empfehlung beim Rezidiv war die Cleft Lift Operation.
Viele Patienten wollten wissen, ob man nicht noch einmal einen Versuch mit Pit Picking unternehmen könnte. Es zeigte sich, daß ein erneutes Pit Picking in vielen Fällen tatsächlich erfolgreich ist. Neue Entwicklungen der Medizintechnik ermöglichten seitdem eine stetige Weiterentwicklung der Bascom-Methode.
In ausgewählten Fällen war ein erneutes Pit-picking bei Rezidiv erfolgreich. Dennoch konnte die Erfolgsrate der Pit-picking Operation von maximal 70 % nicht restlos überzeugen. Im Jahr 2011 stellten Wilhelm und 2013 Giamundo die FiLaC Lasertechnik zur Behandlung von Analfisteln vor.
Der Gedanke lag nahe, die Lasersonde auch für die Steißbeinfistel zu verwenden. Und in der Tat ließ sich damit die Erfolgsrate auf über 80 % steigern.
Die Laserbehandlung ist als Zusatzmaßnahme zum Pit Picking zu sehen. Entfernung der Pits und Säuberung des Fistelgangs erfolgen identisch. Danach wird die Lasersonde mehrere Male unter Energieabgabe durch den Fistelkanal gezogen, sodass die Innenschicht der Fistelkapsel ausgebrannt wird und die Kapsel schrumpft.
Fazit FiLaC / SiLaC
- bei langen Fistelgängen
- bei zahlreichen Fistelöffnungen
- bei Präferenz des Patienten auf schnellstmöglicher Rekonvaleszenz („downtime“)
- zur Symptomlinderung bei schwierig zu heilenden Mehrfachrezidiven und Akne inversa
Pro
- Alle Vorteile des Pit-picking
- Verbesserte Heilungsrate bis 80 %
- Schnelle Rückbildung von Blutungen und Sekretabsonderung
Contra
- vermehrte Schwellung in den ersten Tagen nach OP
- Selbstzahlerleistung
- Fistelgang oft spürbar trotz Abheilung der Öffnungen
Autor | Jahr | Anzahl | % Follow up | Jahre Follow up | % Rezidiv | % Komplikation |
---|---|---|---|---|---|---|
Dessily | 219 | 200 | 77,5 | 10,44 | 14,9 | 15,0 |
Was ist an Pit Picking und FiLaC zu verbessern?
Ziel ist es, die vollständige Entfernung der eingeschlossenen Haare zu garantieren.
Seit langem weiß man, dass sich im Hohlraum einer Steißbeinfistel nicht immer Haare finden.
Bei dieser auch als “empty nest” – leeres (Haar-)Nest bezeichneten Konstellation zeigt die mikroskopische Untersuchung oft in die Wand der Fistelkapsel integrierte Haare – eine mögliche Ursache für das Rezidiv nach Pit Picking.
Darüber hinaus führt die mechanische Irritation durch die knorpelartig verhärtete Fistelkapsel zu Beschwerden. Mit der Entfernung der Fistelkapsel wird Sitzen auf harter Unterlage wieder bequem.
Evolution der Operationstechnik
Gibt es einen Mittelweg zwischen “Ausbürsten” des Gangs beim pit-picking und der vollständigen Ausschneidung?
Der erste Gedanke war ein Hautschnitt im Fistelverlauf mit abschließender Hautnaht. Bei seitlichen oder schräg verlaufenden Fisteln gelingt dies sehr gut. Verläuft die Fistel genau in der Mitte, hat man damit wieder das Problem der Naht an ungünstiger Stelle.
Mit zunehmender Erfahrung wurde der notwendige Schnitt immer kürzer. Die tubuläre Fistulektomie (schlauchförmige Fistelausschneidung), auch Sinusektomie genannt, löst die obengenannten Probleme.
Lupenbrille, Tumeszenz-Anästhesie und der Laser 470 nm bieten höchst Präzision und Schmerzfreiheit. Die Sinusektomie ist deshalb die Standardmethode in meiner Praxis.
Pro
- Vollständige Fistelentfernung ohne große Wunde
- Heilungsrate bis über 90 %
- Beseitigung oder zumindest Verminderung schmerzhafter Verhärtungen
- Auch beim Rezidiv anwendbar
- Ambulante Operation möglich
- Kurze Arbeitsunfähigkeit
- Keine körperliche Schonung notwendig
- Kostenübernahme durch alle Krankenkassen
Contra
- Nur wenige Ärzte in Europa haben ausreichende Erfahrung
- Längere OP Dauer 30 – 120 min
- Innere Wundhöhle entspricht dem Volumen der entfernten Fistel
- Anfänglich Absonderung von Wundflüssigkeit
- Anfänglich Schmerz bei Belastung
FAQ Pit Picking und Variationen
Gute Zeiten - schlechte Zeiten: Bei der Steißbeinfistel sind die Symptome oft nicht ständig vorhanden. Aber - die Fistel heilt nie von selbst. Beschwerdefreie Phasen kommen vor. Wird die Fistel nur zufällig entdeckt, ohne dass der Patient Symptome hat (blande Verlaufsform), kann man abwarten. Pit Picking als kleinstmöglicher Eingriff ist auch bei der blanden Form gerechtfertigt.
Nach Pit Picking und Sinusektomie darf man grundsätzlich ab dem Folgetag der Operation alles machen, wozu man sich in der Lage fühlt. Die Heilung wird durch Belastung nicht beeinträchtigt.
Leichte bis mittelstarke Schmerzen beim Sitzen im Büro oder Auto können eine Arbeitsunfähigkeit begründen, selten länger als 2 Wochen.
Nach Pit Picking dürfen Sie sofort wieder sitzen und auf dem Rücken schlafen. Ein Wundschmerz ist in rückläufiger Intensität für 2 - 3 Wochen zu erwarten.
Ja, bei unserer Technik des Pit Picking wird die Fistel über die kleinen Öffnungen chirurgisch entfernt. Diese "Excision" einer Steißbeinfistel gehört in Deutschland zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Pit Picking | FiLaC/SiLaC | Sinusektomie | Radikalexcision | Karydakis | Limberg | |
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Verfügbarkeit | Spezialpraxis/-klinik | Spezialpraxis/-klinik | Spezialpraxis/-klinik | Allgemeinchirurg | Spezialpraxis/-klinik | Spezialpraxis/-klinik |
Stationär/ambulant | ambulant | ambulant/stationär | ambulant/stationär | stationär | stationär | stationär |
Narkoseart* | LA | LA/ITN/SPA | LA/ITN/SPA | ITN/SPA | (LA)/ITN/SPA | ITN/SPA |
OP Dauer | 20 min | 20 – 30 min | 30 – 120 min | 30 min | 40 – 90 min | 40 – 90 min |
Arbeitsunfähigkeit | 0 – 2 Wochen | 0 – 2 Wochen | 2 – 3 Wochen | 1 – 12 Monate | 4 Wochen | 4 Wochen |
* SPA = Spinalanästhesie, Rückenmarksnarkose, ITN = Intubationsnarkose, Vollnarkose, LA = Lokalanästhesie, örtliche Betäubung.
Tabelle: Übersicht über die gebräuchlichsten OP Techniken bei Steißbeinfistel
Unsere Empfehlungs-Ampel
In keinem Fall soll die folgende Darstellung als Anleitung für eine unkritische Selbstbehandlung dienen. Die Empfehlungen folgen nach bestem Wissen eigener Erfahrung und ausgewählten Publikationen. Eine systematische Analyse verfügbarer Studien stellen sie nicht da. Fragen Sie in jedem Fall vor der Anwendung einen in der Wundbehandlung erfahrenen Facharzt.