Die Diagnose einer Steißbeinfistel kann für Betroffene ein Schock sein. Was zunächst wie ein einfacher Pickel aussieht, entpuppt sich oft als komplexe Erkrankung, die eine chirurgische Behandlung erfordert. In der Regel wird die radikale (von lat. radix = Wurzel) Ausschneidung der Fistel mit offener Wundbehandlung als Standardverfahren empfohlen. Doch während der Patient sich auf die Operation vorbereitet, tauchen zahlreiche Fragen auf: Soll die Operation ambulant oder stationär durchgeführt werden? Wie lange dauert der Krankenhausaufenthalt? Übernimmt die Krankenkasse die Kosten? Welche Operationsmethode ist am besten geeignet? Wie lang ist die Operationsdauer und die anschließende Genesungszeit? Und nicht zuletzt: Wie hoch ist das Risiko eines Rückfalls? Dieser Artikel wirft einen Blick auf die verschiedenen Methoden der Steißbeinfistel-Operation und beantwortet häufig gestellte Fragen rund um den Eingriff und die postoperative Phase.
Ursprünglich wurde die radikale Ausschneidung des fisteltragenden Gewebes seit Beginn des 20. Jahrhunderts aufgrund der Annahme einer angeborenen Fehlbildung befürwortet. Dabei wurde ein „Sicherheitsabstand“ gesunden Gewebes entfernt, um Rezidive zu verhindern. Diese Maßnahme sollte theoretisch jegliche Rückfälle verhindern.
Jedoch traten trotz dieser Vorgehensweise immer wieder Rezidive auf, was die Annahme einer angeborenen Erkrankung in Frage stellte. Obwohl der Stabschef der amerikanischen Streitkräfte bereits die Radikaloperation verboten hatte, nachdem sie 79.000 Soldaten im Durchschnitt 55 Tage lang in stationäre Behandlung gebracht hatte (bekannt als „Jeep rider’s disease“), wurde das chirurgische Vorgehen nicht grundsätzlich überdacht.
Stattdessen suchte man nach neuen Begründungen für die Radikaloperation. Es wurde argumentiert, dass die entstehende großflächige Narbe durch ihre Haarfreiheit vor erneutem Einwachsen von Haaren schützen würde.
In Bezug auf den Wundverschluss gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten: die offene Wundbehandlung, das mittlerweile kaum noch angewendete Säumen der Wundränder zur Abflachung (Marsupialisation) und der Verschluss der Wunde durch Naht.
* SPA = Spinalanästhesie, Rückenmarksnarkose, ITN = Intubationsnarkose, Vollnarkose, LA = Lokalanästhesie, örtliche Betäubung.
Tabelle: Übersicht über die gebräuchlichsten Techniken bei der Steißbeinfistel OP
Gemeint ist damit nicht selten: Abwarten. Die 5-10 cm lange und 3 – 5 Zentimeter breite Wunde soll sich mit Narbengewebe füllen. Zur Vermeidung eines vorzeitigen Verschlusses wird die Wundhöhle mit einer Tamponade ausgestopft.
Es gibt zwei Wege der Wundheilung: Die primäre Wundheilung tritt ein, wenn die Wundränder engen Kontakt haben, z.B. bei einer genähten Wunde. Zunächst verklebt sie mit Fibrin, einem Protein aus Gerinnungsfaktoren im Blut. Festigkeit gewinnt die Narbe im zweiten Schritt, wenn sich Bindegewebszellen vermehren und stabile Kollagenfasern bilden.
Nach der radikalen Ausschneidung ist nur die sekundäre Wundheilung möglich. Zunächst reinigt sich die Wunde. Dann füllt sie sich mit Granulationsgewebe. Wenn das Hautniveau erreicht ist, wächst in einem letzten Schritt neue Haut über die Narbe.
Bei sekundärer Wundheilung bringt körperliche Schonung keinen Nutzen. Wundinfektionen sind selten. In der Steißbeinregion sind nachwachsende Haare und lose Haare aus anderen Körperregionen sowie textile Partikel aus der Kleidung die häufigsten Störfaktoren. Wir haben schon Haare von anderen Familienmitgliedern und Haustieren in nicht heilenden Wunden bei Steißbeinfistel gefunden.
Es wäre ein naheliegender Gedanke, die Wunde zuzunähen. Gerade bei einer kleinen Wunde könnte man sich das vorstellen.
Leider heilt die Naht in der Mittellinie nur in einem Teil der Fälle ohne Probleme.
Nachwachsende und lose Haare dringen in die genähte Wunde ein, die Fäden behindern die notwendige Rasur.
Feuchtigkeit und bakterielle Besiedelung begünstigen Wundinfekte. Die Naht platzt wieder auf oder muss vorzeitig geöffnet werden.
Scherkräfte und ständige Bewegung lassen die Nähte locker werden.
Aus diesen Gründen haben sich auch Techniken, die den Weichteilverlust durch Mobilisiation von Fettgewebe ausgleichen wollten (Lappenplastik nach Maruyama), nicht durchgesetzt, weil der letztendliche Wundverschluß in der Mittellinie erfolgte.
Von einer Naht in der Mittellinie wird in der aktuellen Leitlinie abgeraten. Im gut begründeten Einzelfall kann eine solche Naht dennoch helfen, die Heilungszeit abzukürzen. Voraussetzungen sind aus meiner Erfahrung
Wie die Wunde nach so einer Operation aussehen kann, sehen Sie z.B. auf dieser Seite eines Betroffenen
Hier findet sich ein Video der konventionellen Ausschneidung. Formulierungen des Operationsprotokolls finden sich z.B. auf OP-Bericht.de.
Pro
Contra
Plastische Rekonstruktion
Diese Technik geht auf den griechischen Militärchirurgen Georg E. Karydakis zurück. Er erkannte das Problem der schwierigen Heilung und hohen Rezidivrate. Mit seiner 1974 publizierten Technik einer zur Seite (lateral) verlagerten Schnittführung und Rekonstruktion der Wunde im Jahr 1974 verbesserte er die Ergebnisse der Steißbeinfistel – Chirurgie erheblich.
Pro
Contra
Plastische Rekonstruktion
Diese Technik ähnelt von der Schnittführung und dem Konzept des seitlichen Wundverschlusses der Karydakis Operation.
Diese Technik fokussiert auf die Eintrittspforte für Haare und Bakterien. Die Fistel wird nicht notwendigerweise bis in die Tiefe ausgeschnitten, sondern nur entdacht und „ausgeputzt“. Das mobilisierte Gewebe, der „Lappen“ umfaßt nur die Haut und eine dünne Schicht des Unterhautgewebes und ist damit dünner und leichter einzunähen.
Beschreibungen der Technik in verschiedenen Varianten finden sich u.a. bei Bascom und Favuzza. Aus meiner Sicht nicht abschließend geklärt ist, ob die Fistelkapsel nicht doch ein Reservoir an fest eingewachsenen Haaren und bakterieller Besiedelung darstellt, die besser entfernt werden sollte.
Plastische Rekonstruktion
Diese Technik geht auf den russischen Kieferchirurgen Alexander A. Limberg zurück, der eine Technik zum Verschluß eines rauten- (rhombus-) förmigen Defekts 1948 in Russisch und 1966 in Englisch publizierte. 1984 wurde diese Technik von A.S. G. Azab in Ägypten erstmals zum Verschluß einer Steißbeinfistelwunde verwendet. Die unten stehende Beschreibung der Limberg Operation folgt dieser Publikation.
Neben der Karydakis Operation wird unter den Verfahren mit plastischem Wundverschluss die Limberg Plastik am häufigsten angewendet. Es werden exzellente Ergebnisse berichtet. Wir sehen in unserer Sprechstunde leider häufig Patienten, bei denen trotz (oder gerade wegen?) einer extrem ausgedehnten Operation komplizierte Rezidive aufgetreten sind. Verschiedene Modifikationen dieser Technik wurden beschrieben, so der Dufourmentel- und Leaf-Flap.
Vorher: Planung der Lappen – Plastik nach Limberg mit rhombenförmiger Schnittführung
Nachher: Verlauf der Hautnaht bei Limberg Plastik (die Naht liegt in der Mittellinie!)
Häufig wird die Limberg Plastik wie von Bozkurt dargestellt durchgeführt. Ungünstig sind dabei die spitzwinkligen Anteile der Raute in der Mittellinie. Weiterhin beobachten wir häufig, dass sich in der Mitte des Lappens eine Art neue Gesäßfalte bildet, die besonders für neue “pits” prädisponiert. In Publikationen findet man eine Komplikationsrate von 25 %, davon knapp 10 % mit Notwendigkeit einer erneuten Operation.
Wenn man also diese Technik anwendet, müßte für eine ausreichende Verlagerung zur Seite gesorgt werden, wie in den unten stehenden Bildern schematisch dargestellt (Wysocki 2019). Auch bei korrekter Durchführung ist man vor den echten Rezidiven nicht sicher. Bei analnahen Rezidiven ist diese Verlagerung zur Seite oft auch gar nicht möglich.
Pro
Auch große Defekte lassen sich verschließen
Prinzipiell an jeder Lokalisation möglich
Contra
Ungünstiges kosmetisches Ergebnis mit deformierter Körperkontur, geringere Patientenzufriedenheit in Studien
Häufige Rezidive (Typ IV a) bei Anwendung in der Mittellinie
Oft Ausbildung zahlreicher “pits” in der neuen Mittellinie mit Typ II a Rezidiven. Daher unbedingt Laser-Epilation zu empfehlen, wenn eine Limberg Operation bereits durchgeführt wurde.
Pro
Auch große Defekte lassen sich verschließen
Prinzipiell an jeder Lokalisation möglich
Contra
Ungünstiges kosmetisches Ergebnis mit deformierter Körperkontur, geringere Patientenzufriedenheit in Studien
Häufige Rezidive (Typ IV a) bei Anwendung in der Mittellinie
Oft Ausbildung zahlreicher “pits” in der neuen Mittellinie mit Typ II a Rezidiven. Daher unbedingt Laser-Epilation zu empfehlen, wenn eine Limberg Operation bereits durchgeführt wurde.
Dabei wird ein kranial („oben“) gestielter, fasziokutaner Lappen durch Rotation in den Mittellinien-Defekt geschwenkt. Versorgt wird der erstmals 2014 von Gupta beschriebene Lappen durch die Perforator-Blutgefäße L5 und/oder S1.
Eine Studie aus Ägypten fand eine Rate an leichten Komplikationen von 25 % und eine Rezidivrate von knapp 4 %. Vorteile soll dieser Lappen durch seine Herkunft fern der Mittellinie und Rotation von quer zu längs haben. Theoretischer Nachteil ist die spitzwinklige Einnaht an der schwierigsten Stelle analnah.
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