Pilonidal-Abszess - Akute Form der Steißbeinfistel
Steht die Abschlussprüfung kurz bevor und Sie sind tagelang am Schreibtisch gesessen? Ist die wichtige Präsentation für den Chef noch nicht fertiggestellt? Haben Sie bereits hunderte Kilometer auf der Autobahn zurückgelegt oder kommen Sie gerade von einem Langstreckenflug und Sie können vor Schmerzen kaum noch sitzen?
Diese Umstände deuten auf eine akute Steißbeinfistel hin, auch als Pilonidalabszess oder entzündeter Sinus pilonidalis bezeichnet. Die Schmerzen können über Nacht so extrem werden, dass jede Aktivität zur Höllenqual wird. Umgangssprachlich werden oft auch die Begriffe Furunkel oder Karbunkel verwendet.
Aber keine Sorge, wir sind hier, um Ihnen zu helfen! In diesem Artikel geben wir Ihnen wertvolle Tipps und Tricks, wie Sie einen reifen Abszess über dem Steißbein effektiv behandeln (lassen) können.
Pilonidal-Abszess: Symptome
- Schwellung: Eine deutliche Schwellung und Rötung sowie Verhärtung des umliegenden Gewebes sind die typischen Symptome.
- Schmerzen: Abszesse sind oft mit starken Schmerzen verbunden, insbesondere bei Berührung oder Druck auf die betroffene Stelle.
- Eiterbildung: Ein Abszess ist mit Eiter gefüllt, der eine gelbliche oder grünliche Farbe haben kann.
- Fieber: Bei größeren Abszessen kann auch Fieber auftreten, da der Körper versucht, die Infektion zu bekämpfen.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Abszesse offensichtliche Symptome aufweisen. Gerade beim Pilonidalabszess fällt manchmal nur eine leichte Asymmetrie der Pofalte auf.
Wie entsteht ein Steißbeinabszess?
Von der Fistel zum Abszess
Eine Steißbeinfistel entsteht meist durch eingewachsene oder eingespießte Haare. Durch die auch „Pit“ genannte Eintrittspforte gelangen immer Bakterien aus der stark besiedelten Gesäßfalte in die Fistelhöhle. Solange das Sekret aus der Fistel abfließen kann, bleibt die Bakterienzahl in der Höhle niedrig, und das Immunsystem hält die Infektion unter Kontrolle. Wird jedoch durch Druck (z.B. Sitzen) der Abfluss blockiert, können sich die Bakterien ungehindert vermehren. Das Immunsystem reagiert darauf, indem es weiße Blutkörperchen an die Stelle schickt. was schließlich zur Bildung eines Abszesses führt.
Wie lange dauert es, bis ein Abszess reif ist?
Ein Pilonidalabszess wird als „reif“ bezeichnet, wenn er eine klare Abgrenzung zum gesunden Gewebe aufweist und der Inhalt überwiegend aus flüssigem Eiter besteht. Dieser Zustand ist entscheidend, da erst in diesem Reifungsstadium der Abszess gut zugänglich ist für eine chirurgische Drainage oder sich von selbst entleeren kann. Die Symptome wie Schmerz und Schwellung erreichen dann meist ihren Höhepunkt. Die Reifung eines Abszesses folgt einem fortschreitenden Entzündungsprozess, der in mehreren Schritten verläuft und meistens mehrere Tage, manchmal aber auch nur Stunden benötigt:
- Vermehrung von Bakterien: Über die Eintrittspforte (Pit) gelangen Bakterien in die Fistelhöhle. Wenn der Abfluss blockiert wird, können sich die Bakterien ungehindert vermehren.
- Einwanderung von Immunzellen: Das Immunsystem reagiert, indem es weiße Blutkörperchen, insbesondere neutrophile Granulozyten, aus dem Blut an die infizierte Stelle schickt. Diese Zellen bekämpfen die Bakterien und setzen dabei Enzyme frei.
- Absterben von Bakterien und Gewebezellen: Die neutrophilen Granulozyten töten die Bakterien ab, aber auch Zellen des umliegenden Gewebes werden geschädigt. Dies führt zur Bildung von Eiter, der aus abgestorbenen Immunzellen, Bakterien und zerstörtem Gewebe besteht.
- Ansammlung von Flüssigkeit: Es sammelt sich Flüssigkeit, bestehend aus Lymphe, Blutplasma, Serum und Gerinnungsfaktoren. Dies bildet zusammen mit den abgestorbenen Zellen den Eiter.
- Druckanstieg: Mit zunehmender Eiteransammlung steigt der Druck innerhalb des Abszesses. Dieser Druck führt zu einer prallen Schwellung, was typischerweise zu verstärkten Schmerzen führt.
Wann müssen Sie dringend zum Arzt?
Selbstbehandlung: Ja oder Nein?
Bei leichten Beschwerden kann eine Behandlung ohne Operation mit
- Kühlung
- Antiphlogistika (z.B. Ibuprofen)
- Zugsalben
- oder Antibiotika
versucht werden. Zeigt sich jedoch keine Besserung, vergrößert sich der Abszess, oder treten Fieber und starke Schmerzen auf, sollte unbedingt ein Facharzt konsultiert werden. Ein Spezialist kann die beste Behandlungsoption festlegen, die oft das sterile Öffnen und Drainieren des Abszesses unter sicheren Bedingungen umfasst. Dadurch wird man schnell schmerzfrei.
Zu welchem Arzt sollte man gehen?
Im Notfall brauchen Sie keinen Termin: Wenn Sie nicht zu weit entfernt wohnen, schicken Sie uns einfach an info@darmsprechstunde.de eine kurze mail, gerne auch ein Foto der betroffenen Region, und kommen direkt vorbei (Mo.-Fr. 8.00 – 17.00 Uhr).
Ausserhalb unserer Öffnungszeiten oder weiter Distanz findet man Hilfe in der Notaufnahme oder beim Hausarzt.
Um Fehldiagnosen wie Steißbeinprellungen, Knochenhautentzündungen oder Überlastungsschmerzen zu vermeiden, empfiehlt es sich, direkt einen Spezialisten aufzusuchen, der häufig derartige Abszesse behandelt.
Was erwartet Sie beim Arzt?
“Ubi pus, ibi evacua.” – Das klingt vielleicht nach einem magischen Zauberspruch, ist aber Latein und bedeutet: „Wo Eiter ist, dort entleere ihn.“ Ein Prinzip, das jeder Arzt kennt und das simpel klingt, aber bei einem Steißbeinabszess leider nicht immer so einfach ist. Die Behandlung kann knifflig sein und unnötige Schmerzen verursachen – vor allem, wenn man selbst Hand anlegt. Deshalb erklären wir hier unsere professionelle Technik.
Kann ich den Abszess selbst öffnen?
Kurz gesagt: Nein, bitte nicht! Wir raten dringend davon ab, den Abszess selbst auszudrücken oder aufzustechen. Das ist keine DIY-Operation für zu Hause! Diese Anleitung ist ausschließlich für Ärzte in einer gut ausgestatteten Praxis oder Krankenhausambulanz gedacht.
Versuche, den Steißbeinabszess selbst zu behandeln, enden oft nicht nur ohne Erfolg, sondern verschlimmern in den meisten Fällen die Schmerzen und Entzündung. Vertrauen Sie auf erfahrene Hände – wir wissen, was zu tun ist!
Benötigte Instrumente:
- Erfahrung
- Diagnostisches Ultraschall Gerät Linearschallkopf 7.5 oder 10 MHz
- Feine, chirurgische Pinzette, z.B. Adson
- Feine, spitze Präparierschere, z.B. Supercut Iris Schere 11.5 cm
Verbrauchsmaterialien:
Entlastung Steißbeinabszess: Unsere Methode
1. Aufklärung und Beruhigung des Patienten
Wir informieren den Patienten ausführlich über die gutartige Natur seiner Erkrankung sowie über die erfolgreiche Behandlungsmethode mittels eines zweistufigen Verfahrens. Dieses beinhaltet zunächst die Abszessdrainage gefolgt von einer minimal-invasiven Operation der Steißbeinfistel im zweiten Schritt. Dabei besprechen wir offen und umfassend etwaige Ängste.
Sie brauchen sich normalerweise keine Sorgen um Blutvergiftung, Knochenbeteiligung oder eine Verbindung zum Darm zu machen.
2. Identifikation der optimalen Punktionsstelle
Beim Auffinden des Scheitelpunkts der Abszesshöhle erfolgt zunächst eine Palpation und die Messung der Hautdicke über dem Abszess. Es ist wichtig, dass die Hautdicke für die Verwendung der Biopsiestanze maximal 5 mm beträgt. Oft lässt sich die optimale Punktionsstelle anhand einer „weichen Delle“ lokalisieren. Bei einem tiefliegenden Abszess wird empfohlen, die Spaltung unter Vollnarkose durchzuführen.
3. Injektion der Lokalanästhesie
Nach der intradermalen Infiltration eines 1,5 cm großen Hautareals an der Punktionsstelle über dem Steißbeinabszess geben wir der Lokalanästhesie kurz Zeit, ihre Wirkung zu entfalten, bevor wir den Eingriff fortsetzen. Auf den Einsatz von Kältespray zur Schmerzlinderung verzichten wir, da dessen Effektivität begrenzt ist und die enthaltenen FCKW zudem umweltschädlich sind. Es empfiehlt sich im Sinne optimalen Patientenkomforts, die Lokalanästhesie von der Seite durchzuführen, die weniger entzündet ist.
4. Eröffnen der Abszesshöhle
Wir setzen mit einer Biopsiestanze eine 5 mm Öffnung, und entfernen den Hautzylinder mittels einer feinen Pinzette. Falls nötig, wird die Abszesskapsel vorsichtig mit einer feinen Präzisionsschere eröffnet, worauf sich üblicherweise reichlich Eiter entleert. Schmerzen und Druckgefühl lassen unmittelbar nach.
Diese runde Öffnung ist groß genug, um ein erneutes Verkleben zu verhindern, bleibt jedoch klein genug, um den Heilungsprozess für den Patienten so angenehm wie möglich zu gestalten.
5. Stop!
Die Akutbehandlung ist nun abgeschlossen. Das restliche Sekret wird sich von selbst entleeren. Wir legen einen dicken Saugverband an. Falls eine ausgeprägte, phlegmonöse Reaktion in der Umgebung des Abszesses vorliegt, kann ein Antibiotikum verordnet werden. Es wird keine Tamponade verwendet, und es erfolgt kein Einsatz von scharfen Löffeln.
Nicht vergessen: Nachsorge und Heilung
Die Nachsorge ist einfach: Abduschen, Kompresse oder Slipeinlage, fertig!
Aber: Ohne Durchführung des zweiten Behandlungsschritts (Entfernung der Steissbeinfistel) das Risiko eines erneuten Auftretens weiterer Abszesse sehr hoch ist. Wir bieten einen Kontrolltermin am Folgetag an, falls die Entzündung nicht ausreichend zurückgegangen ist. Wenn man zu lange wartet, besteht die Gefahr, dass der Abszess zurückkehrt. Andererseits ist der Eingriff technisch anspruchsvoll, wenn er zu früh durchgeführt wird. Wir bevorzugen daher ein Zeitintervall von mindestens einer Woche und höchstens drei Wochen.